Aus dem Dornröschenschlaf erweckt

Die Hemsbacherin Claudia Jansen hat ihre "Progress 200" wieder flott gemacht.
(Weinheimer Nachrichten vom 11.8.2007)

Hemsbach (MC) "Man braucht sich auch im Schnellverkehr nicht unterlegen zu fühlen, sondern kann sicher und ohne jedes Risiko an bummelnden Vordermännern ganz kurz vorbeiziehen." Das Zitat stammt aus der "Motor-Rundschau" aus dem Jahre 1958 und bezieht sich auf den Motorroller Progress 200.


Der fortschrittliche Fichtel & Sachs Gebläsemotor aus dem Werk in Oberkirch (Ortenau) schaffte es mit seinen 200 Kubikzentimetern und den 10,2 PS auf stolze 95 Stundenkilometer. Gerade Mal 14000 des "Strolch 175"-Nachfolgers wurden damals gebaut.

Einer dieser Roller fährt in diesen Tagen tatsächlich auf Hemsbachs Straßen herum. In mühseliger Arbeit hat Claudia Jansen ihren "Dicken", wie sie die Maschine, die mit 16-Zoll-Rädern daherkommt, liebevoll nennt, wieder flott gemacht.
Viereinhalb Jahre sind vergangen, seitdem die Hemsbacherin die Progress 200, Baujahr 1956, im hintersten Kellerraum ihres neu erworbenen Hauses fand. Zuvor hatte das gute Stück viele Jahrzehnte einen langen Dornröschenschlaf gehalten. Unzählige Stunden recherchierte die Hemsbacherin im Internet, um Originalteile zu bekommen. Weil viele der Modelle damals in die USA exportiert worden waren, wurde sie auch dort fündig. Die ersten Teile, so genannte Bierflaschenverschlüsse, die die Motorhaube fixieren, kamen dann auch aus New York. Den Bezug der Rückbank näht sie gleich selbst.
Aber auch Oldtimer-Freunde aus der Region halfen ihr und erweckten die alte Progress 200 wieder zum Leben. Der Motor wurde generalüberholt, andere Teile wie Blinker mussten zusätzlich angebaut werden, um die Straßenzulassung zu erhalten.

Erstmals nach seinem Dornröschenschlaf präsentierte sich der Roller einer breiten Öffentlichkeit bei den Tennis-Classics vor drei Wochen beim Tennis-Club Leutershausen. Gemeinsam mit den Freunden des Hirschberger-Oldtimer-Treffens (HOT) stellte Jansen dort ihre Progress 200 aus. "Viele der Interessierten rieben sich verdutzt die Augen und konnten mit der Progress so gar nichts anfangen", erinnert sie sich an die ersten Reaktionen der Ausstellungsbesucher. Da tat Aufklärungsarbeit Not. "Ich möchte die Progress bekannt machen", so die Hemsbacherin.

Schon in den 60er Jahren bekam das Gefährt in der Fachpresse beste Noten. Den Reifen wurden "erhabene Größe" und "gutes Handling" nachgesagt. Zeitgenössische Tester rühmten den "exzellenten Geradeauslauf" sowie die "sanfte Kraftentfaltung" der Progress 200 - bis heute soll sich daran nichts geändert haben. Im Motorwelt-Test von 1958 heißt es weiter: "Die Progress 200 ist ein Fahrzeug für Männer, die 200 Kubikzentimeter Hubvolumen und 150 Kilogramm Eigengewicht ebenso zugehörig finden wie die 80 Zentimeter Sattelhöhe und ein Meter Lenkerhöhe."

Genau diese Eigenschaften machen die Progress 200 auch für Claudia Jansen als Frau so unverwechselbar. Jede freie Minute sitzt sie deshalb auf dem "Oldtimer", der funkelt und glänzt wie ein fabrikneuer Roller. "Ich habe ihn schließlich auch kräftig poliert." Einen Dank möchte sie dann auch noch loswerden. So erhielt s ie vor allem von den Oldtimerfreunden Heidelberg große Unterstützung. "Wenn ich einmal nicht weiter wusste, haben mir die Mitglieder immer geholfen." Ohne den Hemsbacher Jürgen Geyer, Werner Hör (Heidelberg-Kirchheim) und Werner Eck (Eppelheim) würde die Progress 200 heute noch nicht fahren. Aus diesem Grund hat die Hemsbacherin ihre Mitstreiter am kommenden Sonntag zu einer Grillparty eingeladen. "Ich möchte mich so bei allen Helfern bedanken."

Klar, dass die Progress 200 sicherlich nicht lange in der Garage stehen wird. Übrigens, wer den kraftvollen Motorroller einmal genauer unter die Lupe nehmen will, kommt beim Hemsbacher "See der Sinne" am 19. September auf seine Kosten. Auch dort wird Claudia Jansen ihre Progress 200 präsentieren. Claudia Jansen kann man mit ihrer Progress 200 auch für Veranstaltungen und Events buchen.
(Mit freundlicher Genehmigung der "Weinheimer Nachrichten" http://www.wnoz.de!)

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Ein Blickfang: Die Hemsbacherin Claudia Jansen und ihr
Motorroller Progress 200, Baujahr 1958.       Bild: Callies